8-11-2005

 

The Double Life of Charles A. Lindbergh (1902-1974)

 

 

01.08.2003   12:35 Uhr

  

Charles Lindbergh

 

Der Amerikaner und die Hutmacherin

29 Jahre nach seinem Tod wird das Geheimnis enthüllt: Der berühmte Flieger führte ein Doppelleben. Von 1957 bis 1974 hatte der Held heimlich eine zweite Familie in München – jetzt sehen seine deutschen Kinder die Zeit gekommen, davon zu reden. Eine Reportage von Gerd Kröncke

 

 

Jetzt muss es heraus, es soll endlich gesagt werden. Zu lange, so viele Jahre, hatte Astrid Bouteuil, geborene Hesshaimer, die Geschichte für sich behalten. Nun soll die Welt sie wissen, weil es doch die Liebesgeschichte ihrer Eltern ist, und Astrid will auch, dass ihre Kinder sich zu ihrem Großvater bekennen können. Sie selbst und ihre beiden Brüder hatten den Vater verheimlichen müssen. In ihren Geburtsurkunden steht „Vater unbekannt“, weil die Mutter ihn hatte schützen wollen. Nun ist die Mutter schon zwei Jahre tot, und Astrid ist überzeugt, sie handelt in ihrem Sinne, wenn sie die heimliche Liebe der Eltern nicht für alle Zeiten in den Tiefen der Vergessenheit versinken lässt.

Dyrk, der vor ihr geboren wurde, und David, der nach ihr kam, sind einverstanden, das soll reichen. Ihr gemeinsamer Vater war Charles Lindbergh. Der große Charles Augustus Lindbergh, der Flieger, der Nationalheld von der anderen Seite des Ozeans, über den er einmal geflogen war als junger Mann, von New York nach Paris in 33 Stunden im Mai 1927. Jetzt ist es heraus, was keiner gewusst hat.

 
Dyrk Hesshaimer(geb.1958), Astrid Bouteuil(geb.1960) und David Hesshaimer(geb.1967)
 


Als Kind hatte sie ihn gekannt, da hatte er einen anderen Namen. Er war oft lange weg und blieb nie lange da und war trotzdem kein flüchtiger Gast. Für Astrid war er der Fixstern ihrer bayerischen Kindheit. In der kleinen mütterlichen Wohnung in München-Schwabing oder später in dem bescheidenen, aber geräumigen Haus am Ammersee waren sie eine Familie wie andere auch, nur immer auf Abruf. Für Astrid und ihre Brüder war er damals schon von Geheimnis umgeben, doch hätte die Erkenntnis, dass ihr Vater berühmt war, keines der Kinder überrascht. Sie liebten diesen Mann, der ihre Sprache nicht konnte und sie doch verstand, der alles wusste, aber die Kinder mussten sich früh auf einen Pakt mit der Mutter einlassen, einen Pakt zu ihren Lasten und nicht frei von Bedrohung. Sie würden den Vater nicht wiedersehen, wenn sie über ihn redeten, an diese Warnung der Mutter erinnert sich Astrid noch gut. Anderer Kinder Väter waren Autoverkäufer oder bei der Bahn; sie hatten einen und waren doch vaterlos.

Aber sie haben ihn geliebt. Dyrk Hesshaimer, der Älteste, er lebt am Ammersee, sagt: „Es war eine sehr innige Beziehung mit sehr viel Wärme.“ David Hesshaimer, er lebt bei München, sagt: „Er hatte eine herzliche Ausstrahlung, aber er war nicht der Vater, der einen in die Arme nimmt.“ Und Astrid sagt: „Er hat uns des abends Kindergeschichten erzählt.“ Die haben sie kaum verstanden, weil er nur Englisch sprach. Gleichwohl haben sie es genossen.

Rückblende in die Fünfzigerjahre. Im drückenden Klima jener Zeit war es nicht leicht für zwei allein stehende Frauen, sich zu behaupten. Brigitte Hesshaimer, Astrids Mutter, hatte ihre Gesellenprüfung als Hutmacherin abgelegt, ihre Schwester hatte künstlerische Ambitionen, sie zeichnete. Die beiden lebten zusammen in einer winzigen Wohnung in Schwabing, Agnesstraße 44, vierter Stock, kein Fahrstuhl. Sie waren nach dem Krieg aus Rumänien gekommen, Brigitte war nach den Mängeln und Entbehrungen jener Zeit an Knochentuberkulose erkrankt, hatte viele Monate in Krankenhäusern verbracht, behielt zeitlebens einen Gehfehler.

Eines Tages, Anfang 1957, war dieser blonde Amerikaner aufgetaucht, ein Vierteljahrhundert älter als sie. Sie hatte ihn bei einer Freundin kennen gelernt, die sein Buch übersetzen sollte. Er war ein drahtiger Typ, mit seinen 55 Jahren immer noch sportlich, er konnte die Treppen hoch laufen. Er hat Brigitte auf jungenhafte, fast schüchterne Weise den Hof gemacht. Sie wusste wohl, wer er war, aber berühmt zu sein, war für sie kein besonderer Wert. Er mag es genossen haben, dass sie ihn nahm,wie er war. Sie stellte keine unbequemen Fragen und Forderungen schon gar nicht. Daheim in Connecticut gab es eine anspruchsvolle Frau, die zu dieser Zeit ihrerseits eine lang anhaltende Liebesaffäre mit ihrem Arzt pflegte, von der Lindbergh auch nichts ahnte. Und trotzdem wartete Anne Morrow Lindbergh unglücklich auf ihren Mann.

Brigitte Hesshaimer und Charles Lindbergh sind in jenen Tagen manchmal durch München flaniert. Der Mann, der als kühl und rational geschildert wird, war durchaus nicht unromantisch. Brigitte, die – wie gesagt – hinkte und nicht lange gehen konnte, erzählte ihrer Tochter Astrid später, wie die Love Story angefangen hat. Als der alternde Flieger und die junge Putzmacherin den Odeonsplatz passierten, vorbei an den Löwen vor der Feldherrenhalle, blieb der stille Amerikaner stehen und sagte: „Wieso brüllen die Löwen nicht?“ Nach einer Pause fügte er hinzu, jemand habe ihm erzählt, wenn man verliebt sei, hörte man sie brüllen – „and I felt in love with you“. Sie haben sich gleich verstanden, der Berühmte und die Frau aus dem Volke. Für Brigitte Hesshaimer war es die Liebe ihres Lebens, sie würde keinen anderen Mann mehr ansehen.

Astrid wusste, dass der Mann, der ihr Vater war und den sie nicht ihren Vater nennen durfte, einen anderen Namen hatte. Er musste so etwas wie ein Autor sein, oft hatte er am Schreibtisch gesessen, dann durfte man ihn nicht stören. Das Pseudonym, das er sich gegeben hatte, Careu Kent, war Tarnung, das ahnte sie früh. Sie hatte ihn nie Vater genannt, immer Careu. Als er schon gestorben war, begann sie nach einem zu suchen, der Englisch sprach, Schriftsteller war, 1974 gestorben. In einer alten Schachtel fand sie ein paar Negative, ließ sie entwickeln und entdeckte ihren Vater. Sie war 21 oder 22 zu der Zeit, „und nun wollte ich einen Namen dazu haben“, sagt sie, „den richtigen Namen. In jener Zeit fehlte er mir sehr.“

Sie erinnerte sich, wie sie einmal einen Lindbergh-Artikel in einem TimeLife-Magazin gesehen hatte, aber die Mutter hatte ihr das Heft fast weggerissen. Sehr viel später fand sie schließlich die Briefe auf dem Speicher im Haus der Mutter am Ammersee. Da hat ein schwarzer Müllsack gelegen, den sie nicht beachtet hätte, hätte er nicht eine Schleife gehabt, denn die Mutter hatte die Gewohnheit, ihr wichtige Dinge mit rotem Band zu verschnüren. Astrid lebte zu dieser Zeit schon in Frankreich, war mit ihrem Mann für ein paar Tage zu Besuch in Deutschland.

Es war ein ganzes Bündel überwiegend handschriftlicher Briefe, hundert und ein Dutzend aus mehr als fünfzehn Jahren. Sie waren auf Englisch und alle mit einem C unterschrieben, wie Careu oder eben Charles. Sie nahm sie mit. Erst nach einer Weile hatte die Mutter es bemerkt, wollte sie zurückhaben. Aber Astrid behielt die Briefe, weil die Mutter sie vernichtet hätte. „Du weißt nicht, was du damit auslöst, du weißt nicht, was du tust“, beschwor die Mutter sie. Brigitte hatte versprochen, das Geheimnis zu ihren Lebzeiten zu wahren.

Es war schnell eine intensive Beziehung geworden, obwohl der Charles Lindbergh in seinen Briefen von Liebe nie sprach. Der erste Brief stammt aus dem Jahre 1957. „Man stelle sich München vor ohne eine Hesshaimer.“ Er ist enttäuscht, als er niemanden antrifft, München ohne Brigitte oder ihre Schwester, das sei wie eine schöne Frau ohne Hut. Diese Erfahrung wolle er nie wieder machen, schreibt er und erwähnt noch Mietz und Mautz, die Katzen. Damals trugen Damen selbstverständlich Hüte, und er hatte sich in Brigitte, die er später „Bitusch“ nannte, verliebt. Der Mann, den jeder kannte, blieb in München unerkannt. Er war noch immer weltberühmt, aber allein in der fremden Stadt an der Seite einer jungen Frau war er nur ein Fremder. Sie war apart, aber keine Schönheit, niemand blieb stehen, dem Paar nachzuschauen.

So hatte sie angefangen, die Verbindung des Berühmten mit der Putzmacherin. Der Mann schreibt oft nach Deutschland. „Ich sehe dich dort sitzen in der Agnesstraße, draußen vor den großen Fenstern fällt Schnee.“ Er sehe auch ihre Schwester vor sich „mit ihrer schrecklichen Brille“. Die Schwester zeichnet. „Sag ihr, sie soll sich Gläser besorgen, die sie so hübsch aussehen lassen, wie sie ist – das ist ein Befehl.“

Im Jahr darauf wurde Dyrk geboren, Brigitte Hesshaimers erstes Kind. Sie war 33, Charles Lindbergh war 56. „Ist er nicht ein wunderbares Baby“, schreibt er, als sie ihm die ersten Fotos schickt. „Und natürlich hast du das größte Verdienst daran. Obwohl, ein bisschen kann ich auch für mich in Anspruch nehmen. Allein hättest du das nicht hingekriegt.“

Zuhause in Connecticut hatte Lindbergh mit seiner Frau Anne Morrow fünf Kinder. Es war eine komplizierte Ehe. Anne Morrow war ihm zumindest künstlerisch überlegen, und es kränkte sie, als der große Lindbergh für seine Autobiographie, der sie erst Schliff gegeben hatte, den Pulitzer-Preis bekam. (Sie selbst brachte es zu spätem Weltruhm mit ihrem Buch „The Shells“ – „Muscheln in meiner Hand“ –, das ein feministischer Bestseller wurde.) Dabei hatten sie die schlimmste Prüfung gemeinsam durchgestanden.

Nach seinem Flug über den Ozean war Lindbergh der bis dahin größte Medienstar des 20. Jahrhunderts, aber der Ruhm war ihm zum Fluch geworden. 1932 war sein erstes Kind, Charles Augustus jun., entführt und ermordet worden. Ein unglücklicher deutscher illegaler Einwanderer, der noch in einer nachgelassenen Erklärung seine Unschuld beteuerte, war nach einem Indizienprozess hingerichtet worden. Dass die Lindberghs danach mehr Kinder großzogen als eine amerikanische Durchschnittsfamilie, mag Trotz gegen das Schicksal gewesen sein.

Nun, Anfang der Sechzigerjahre, hatte er noch eine Familie. Er besucht sie, wann immer es geht, wann immer er in Europa zu tun hat. Der Nüchterne pflegt väterliche Sentimentalitäten, wenn er an seinen bis dahin jüngsten Sohn denkt. „Ich fühle mich zu dir zurückversetzt", schrieb er seiner Bittusch, "wenn ich mir vorstelle, wie du ihn fütterst und wäschst, bevor du ihn zu Bett bringst". Dyrk ist ihm der Liebste geblieben, in gewisser Weise muss er ihn als eine Art Stammhalter angesehen haben. Er gibt Brigitte einmal den etwas obskuren Rat, ihn nicht zu viel Wein trinken zu lassen und auf keinen Fall Whisky oder Gin. Seine pädagogischen Ratschläge sind nicht immer praktisch. „Du musst ihm von Anfang an Englisch beibringen, nicht nur Deutsch. Französisch und Italienisch haben noch etwas Zeit.“

Wenn er für längere Zeit auf Reisen ist, mahnt er dringend, keine Briefe nach Connecticut zu schicken, weil das Postfach nicht geleert wird. Er trennt seine Leben mit akkurater Umsicht. Er ist vorsichtig. Aus den Briefen ergibt sich kein Hinweis auf seine Person. Er könnte Handelsvertreter sein, allerdings einer, der Gewichtiges in aller Welt zu vertreten hat. Als er sein neuestes Buch in deutscher Übersetzung schickt, mahnt er: „Schließe es sorgfältig weg, damit Leute es nicht herum liegen sehen. Aber du weißt schon, was du zu tun hast.“ Einmal, in einem Brief, den er während des Flugs von New York nach Seattle schreibt (er schreibt auf Flughäfen und Bahnhöfen, im Zug oder im Flugzeug) deutet sich sein Status als Geheimnisträger an. „Es tut mir leid, ich kann dir nichts genaueres sagen – militärisch.“

In der Vorkriegszeit war Charles Lindbergh kurz in Deutschland gewesen, hatte Hermann Göring getroffen und sich beeindruckt gezeigt von der deutschen Luftwaffe. Deshalb war ihm eine verkappte Affinität zu den Nazis angehängt worden, er selbst hatte die Reise als Kundschaftermission für sein eigenes Land verstanden. Während des Weltkriegs wurde er als Defätist beschimpft, weil er sich gegen den US-Kriegseintritt ausgesprochen hatte. Er flog zwar noch Einsätze gegen Japan, aber voll rehabilitiert wurde er erst von Dwight D. Eisenhower, der ihn zum Brigadegeneral beförderte.

Es war also vermutlich der General, dessen Expertise in Seattle bei Boeing gefragt war. Manchmal überkamen Brigitte Zweifel, ob der Mann sich überhaupt für ihr kleines Leben interessierte. Sie mit ihren Hüten und er auf dem Weg nach Seattle. „Bitusch“, versucht er sie zu beruhigen, „mich interessiert es wirklich sehr, was du treibst in deinem Hut-Business.“ Der Mann, der General war und später Direktor bei PanAm, vergisst die Hüte nicht. „Fast nichts ist wichtiger als das.“

Die Briefe aus der Welt ließen die Hutmacherin nur ahnen, wie diese Welt für den Mann ihres Lebens aussah. Seine Briefe sind meist karg, beschränken sich oft auf die Aufzählung von Stationen. Er sei für ein paar Tage – „Mailand, Genua, Florenz, wahrscheinlich Rom“ – in Italien, teilt er zum Beispiel mit. „Irgendwann musst Du mit mir nach Pisa kommen, es ist eine der schönsten, ungewöhnlichsten Städte, die ich kenne.“ Und tatsächlich sind Lindbergh und die Frau seiner späten Jahre einige Male in Italien gewesen. „Brigitte, es war sehr einsam, zum Auto zurückzugehen, nachdem der Zug aus dem Bahnhof von Brindisi gefahren war.“ Er hoffe, Dyrk habe, als sie heimkam, seine Mutter noch erkannt. Aber da ist er schon wieder unterwegs durch Griechenland, auf dem Weg nach Istanbul. Meist meldet er sich aus Übersee. „Es war eine schrecklich kurze Nachricht, die ich aus Ankara geschickt habe.“ – „Breche morgen auf nach Java via Singapur... “ – „Ich bin 80 Kilometer ins Innere von Vietnam gefahren. Am Tage ist das ganz sicher, aber nachts gibt es etliche Banditenüberfälle.“

„Wenn er da war“, sagt Dyrk, „dann hat er sich sehr um uns gekümmert. Andere Väter saßen vor ihrem Bier, wir haben Ausflüge gemacht.“ Er war jemand, der keinen Sinn hatte für Extravaganzen, alles musste einfach sein, er war spartanisch. Er hat seine Manuskripte mit Bleistift korrigiert und benutzte sie bis auf den Stummel, den er mit seinem Federmesser anspitzte. Nichts durfte weggeworfen werden, was noch zu gebrauchen war. Er reiste in einem alten Käfer, der mit allem, Notrationen und Übernachtungszeug, ausgestattet war. Nur nicht auf andere angewiesen sein. Während eines Gewitters saß man lange im Käfer im Wald und er bereitete eine Mahlzeit mit dem, was er im Auto hatte. Dyrk war schon zu Lebzeiten klar, dass es mit dem Vater etwas Ungewöhnliches auf sich haben musste. Er, der Älteste, wusste, dass der Vater wichtige Männer traf, dass er einmal bei Richard Nixon, dem Präsidenten, gewesen war.

Dyrk erinnert sich, dass die Mutter immer vorher sagte, dass er kommen würde. David, der Kleinste, erinnert sich, dass die Mutter dann durchs Haus ging und Ordnung machte und dass er aus ihrem Schlafzimmer heraus musste. Dann wusste er Bescheid. Für Astrid kam er immer überraschend und ging plötzlich, nach Regeln, die sie nicht durchschaute. Sie hat diesen Mann, den großen Blonden, verehrt. Wenn er da war, dann war ihre kleine Welt märchenhaft schön. Er erzählte wunderbar. Obwohl sie doch kein Englisch konnte, erlebte sie Abenteuer aus Urwald und Savanne.

Dyrk weiß noch, wie er von dem Elefanten in Kenia erzählte, der sich auf ein Auto gesetzt hatte. Astrid erinnert sich an Lindbergh als einen fröhlichen Mann, der mit den Ohren wackeln konnte, erst mit einem, dann mit dem anderen. Und dann lachte er schallend. Seine Schuhe waren so groß, sie ließ ihre Puppen darin schlafen. Für die Kinder war er ein Zauberer. Er konnte mit seinem großen Taschentuch Münzen verschwinden und wieder auftauchen lassen. Es waren Münzen aus vielen Ländern. Mit seinen großen Händen machte er Schattenspiele. Er konnte wunderbare Omeletts kochen. Er war älter als anderer Kinder Väter, aber für sie war er etwas Besonders.

Die Papiere des Charles Lindbergh sind in Universitätsbibliotheken archiviert, aber die Briefe der Modistin Brigitte Hesshaimer? Er hat sie wahrscheinlich der Nachwelt vorenthalten. Sein amerikanischer Biograph A. Scott Berg, der für seine Arbeit über Lindbergh gleichfalls mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, erwähnt sie nicht. Astrid hat ihm geschrieben, um ihn auf ihre Existenz aufmerksam zu machen, blieb aber ohne Antwort.

Berg schildert, dass Lindbergh geradezu besessen gewesen sei von allem, was mit Vererbung und Fortpflanzung zusammenhängt. Er ermutigte seine Kinder – und Berg meint die Kinder, die die Welt kennt – zu einem gesunden Geschlechtsleben, was für sie auch bedeuten sollte, sich über das genetische Erbe im Klaren zu sein. Von natürlicher Auslese sprach er, ermahnte aber seine Söhne, sich nicht mit Schwangerschaften von Frauen ködern zu lassen. „Wenn ich wählen könnte“, zitiert Berg einen Brief an Lindberghs Tochter Reeve, „was ich von dem, was ich im Leben gelernt habe, meinen Kindern bleibend vermittle, dann dies: wie wichtig die Erbgesundheitslehre ist“.

Auch seiner Familie erschien Lindbergh als kühl und rational. Richtig ist sicher, dass er Risiken nur einging, wenn er sie hinreichend kalkulieren konnte. Brigitte Hesshaimer, seiner „Bitusch“, muss er abgrundtief vertraut haben. Es wäre relativ leicht möglich gewesen, sich nach Dyrks Geburt zurückzuziehen und die Mutter ausreichend zu alimentieren. Stattdessen hat Lindbergh die Verbindung noch intensiviert. Dyrk hat in Erinnerung, dass die beiden zurückhaltend liebevoll miteinander verkehrt haben. Als Kind hat man ein Gespür dafür, was echt ist. Aus der Liebe zu der Hutmacherin ist so etwas wie eine Ehe geworden, nur dass Lindbergh wie ein Seemann oder ein Forschungsreisender lange weg war. Unruhe klingt nur an, wenn er sicherstellen muss, dass keine Briefe in falsche Hände geraten. „Vergiss nicht! P.O.Box 1147“ unterstreicht er ein ums andere Mal, als sich sein Postfach wieder geändert hat.

Astrid hat natürlich die Briefe nach Spuren ihrer selbst durchsucht, manchmal wird sie erwähnt. Etwa wenn er aus Accra schreibt, wie wenige weiße Menschen er bei seinem Stadtrundgang getroffen hat. „Ich wünschte, du wärst hier, Dyrk mit großen Augen zwischen uns und Astrid mit einem Baumwolltuch fest auf deinen Rücken gebunden.“ Oder ein paar Tage später aus Kenia: „Sag Dyrk und Astrid, wenn ich aus meinem Fenster gucke, sehe ich: einen Strauß, zwei Giraffen, eine Herde Zebras.“ Es hat ihr gut getan beim Lesen so viele Jahre später, wenn sie sich selbst erwähnt fand. Manchmal schimmert eine Teilnahme an den alltägliche Malaisen durch. „Es war schön, von dir zu hören, aber nicht so schön, dass es dir und Astrid nicht gut ging.“ Zeichen väterlicher Zuneigung: „Give Astrid a hug from me and Dyrk an extra swing.“

Als Astrid fünf war, zog die vaterlose Familie nach Geretsried bei München, später in das Haus am Ammersee, das ist die Zeit, da Astrids Erinnerung einsetzt. „I am most anxious“, schreibt er aus Connecticut, er sei überaus begierig, zu erfahren, „wie unseren Kindern ihr neues Heim gefällt“. Da hat er es beiläufig ein allererstes und einziges Mal hingeschrieben, „our children“, danach nie wieder, als sei dieses eine Mal ein Versehen gewesen. Von Dyrk wünscht sich der Vater noch eine Kinderzeichnung und Astrid möge ihm doch eine schöne Nadelarbeit machen. David, der Nachzügler, 1967 geboren, wird selten erwähnt. „Ich denke oft an dich und Dyrk und Astrid und David.“

Im Nachhinein war klar, dass sich das Ende mit einem Brief vom November 1972 ankündigte. „Eine Woche und einen Tag meiner Therapie habe ich hinter mir, und alles scheint gut zu gehen.“ Danach ist immer wieder von Therapien die Rede, von Blutwerten, davon, wie alles besser läuft als erwartet, auch dass er wieder etwas Gewicht zugelegt hat, was doch nur deutlich macht, wie viel er zuvor verloren hatte. Die Krankheit wird nicht ausgesprochen, Charles Lindbergh hat Krebs und schreibt, wie gut die Behandlung anschlägt.

Einmal war er noch am Ammersee. Vielleicht auch, um letzte Dinge zu regeln. Er hatte für die Familie gesorgt, für die Ausbildung der Kinder, die alle drei auf Privatschulen gingen. Für jedes war ein Aktiendepot eingerichtet worden, nicht zu üppig, aber nennenswert, das ihnen zur Volljährigkeit übertragen werden sollte.

Dyrk erinnert sich, wie schwach der Vater war beim letzten Abschied. An seinem Wagen war ein Reifen platt, Dyrk sollte ihn wechseln und ging in die Garage, das Drehkreuz zu holen, aber Lindbergh bestand darauf, er solle es mit dem vorhandenen Schlüssel im VW versuchen. Er wollte ja immer das Naheliegende. Die Radmuttern waren kaum zu lösen, und der einst kräftige, sehnige Mann konnte nicht mehr zupacken. Das ist das letzte Bild vom Vater. „Er war schwach und dünn, gezeichnet von der Krankheit. Aber der Abschied war doch wie immer, jedenfalls nicht anders als sonst“, sagt Dyrk. Astrid hingegen meint sich zu erinnern, dass sie gewusst habe, er kommt nicht mehr wieder. Er hatte noch gewinkt, sie lief ins Haus und weinte.

Über ein Jahr erreichen Brigitte Briefe, die stereotyp von Therapien handeln und von der Hoffnung, noch einmal nach Europa zu kommen. Der allerletzte mit mühevoll krakelnd einzeln geschriebenen Lettern kommt aus der Klinik in New York. Er ist vom 16.August 1974. „Ich verliere jeden Tag an Kraft. Die Situation ist äußerst ernst. Es fällt mir schwer zu schreiben. „My love to you and the children, all I can send.“

Danach hat Charles Lindbergh sich zum Sterben nach Hawaii fliegen lassen. Brigitte wird seinen Tod aus der Zeitung erfahren. Und Astrid wartete nicht länger auf den großen blonden Mann aus Amerika.

 

 

04.08.2003   10:32 Uhr

 

Das Doppelleben von Lindbergh

Sein Biograf weiß nichts

Lindbergh-Biograf Scott Berg hat wohl die Diskretion des US-Nationalhelden unterschätzt, der eine zweite Familie in Bayern hatte

 

Von Achim Zons

(SZ vom 04.08.2003) Die Enthüllung der Süddeutschen Zeitung, dass der berühmte amerikanische Flieger Charles A. Lindbergh die letzten 17 Jahre seines Lebens eine Doppelexistenz führte und eine zweite Familie in München hatte, hat an diesem Wochenende in den USA zu weiteren Nachforschungen geführt. Scott Berg, der die mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete große Lindbergh-Biografie geschrieben hat, wurde von der New York Times um Stellungnahme gebeten. Berg habe sich überrascht gezeigt, schrieb das Blatt.

Verhältnis entspricht nicht dem Charakter

Dabei dürfte der amerikanische Autor gar nicht so überrascht gewesen sein, denn eines der deutschen Lindbergh-Kinder, Astrid Bouteuil, hatte ihn vor nicht allzu langer Zeit brieflich kontaktiert und auf die Existenz der Lindbergh’schen Zweitfamilie in München hingewiesen. Berg jedoch hatte nicht geantwortet.

Der New York Times sagte Scott Berg nun, dass die Urheberschaft Lindberghs in Bezug auf die Briefe – unterstellt, die Urheberschaft sei echt – noch nicht beweisen würde, dass Lindbergh auch tatsächlich drei Kinder in Deutschland habe. Berg räumte allerdings laut New York Times ein, dass es zwar zeitlich und geografisch möglich sei, dass Lindbergh mit der Münchnerin Brigitte Hesshaimer über all die Jahre ein Verhältnis hatte. Aber das, so betonte Berg, enstpreche seiner Meinung nach nicht dem Charakter Lindberghs.

Unbekannte Seite des berühmten Mann

Die Süddeutsche Zeitung hatte an diesem Wochenende die bislang geheime Liebe zwischen dem amerikanischen Nationalhelden und der Münchner Hutmacherin aufgedeckt. In der in Paris gedruckten Ausgabe der International Herald Tribune, die zum Verlag der New York Times gehört, sowie in dem Mutterblatt reagierte man sofort und erzählte, ebenfalls in der Wochenendausgabe, die Geschichte der ungewöhnlichen Liaison nach.

Bisher habe man immer nur gewusst, dass Charles Lindbergh in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eine gewisse Affinität zu Deutschland hatte, schrieb das Blatt, was lange Zeit einen Schatten auf den guten Ruf des Piloten geworfen habe. Dass Lindbergh aber, lange nach dem Weltkrieg, sehr enge Beziehungen zu Deutschland gehabt habe, sei niemandem auch nur ansatzweise bekannt gewesen.

Keine Affäre, sondern eine große Liebe

Mit dieser sehr engen Beziehung zu Deutschland ist die Beziehung zu der jungen Münchnerin Brigitte Hesshaimer gemeint, die der legendäre Flieger und General Anfang 1957 bei einem Besuch in München kennen- und lieben lernte.
Es war mitnichten eine kurze Affäre, sondern das, was man eine große Liebesgeschichte nennen könnte, der drei Kinder entsprangen, die zwischen 1958 und 1967 geboren wurden. Bis zu seinem Krebstod im Jahr 1974 hielt diese Liaison. Wann immer Lindbergh nach Europa kam, besuchte er seine Zweitfamilie. Er kümmerte sich um Frau und Kinder und hielt den Kontakt auch aufrecht, wenn er nicht da war. Etwa 120 Briefe mit insgesamt 450 meist handschriftlich beschriebenen Seiten künden davon.

Es scheint also so zu sein, dass selbst ein Biograf, der sich über Jahre mit dem Leben eines anderen beschäftigt, überrascht werden kann. Scott Berg, der gerade an einer Biografie Katharine Hepburns arbeitet, hat möglicherweise die Diskretion Charles Lindberghs unterschätzt. Ein Schriftgutachten jedenfalls, das die Süddeutsche Zeitung hat erstellen lassen, ergab die zweifelsfreie Urheberschaft der Lindbergh-Briefe an seine deutsche Geliebte.

   

 

28.11.2003   17:18 Uhr

 

Die Lindberghs

Wunschtraum einer großen Familienfeier in Paris

Die wahre Lindbergh-Story ist jetzt durch Gentests bestätigt – und auch in den USA weicht langsam die Skepsis gegenüber den deutschen Kindern

  

Von Gerd Kröncke

(SZ vom 29.11.2003) – Am Ende war es keine Überraschung, schon gar nicht für die Beteiligten. Beruhigend ist freilich, dass nun andere nicht mehr mäkeln können, denn der DNA-Test war positiv.

Astrid Bouteuil und ihre beiden Brüder Dyrk und David Hesshaimer, das ist nun sozusagen offiziell, sind die leiblichen Kinder eines amerikanischen Nationalhelden: des Fliegers Charles Lindbergh. Ein Mitglied der amerikanischen Lindbergh-Familie hatte eine Speichelprobe zur Verfügung gestellt und die Analyse, vom Rechtsmedizinischen Institut der Münchner Universität vorgenommen, bezeichnet die Wahrscheinlichkeit mit 99 Prozent. Das ist die übliche Marge, was darüber hinausginge wäre Theologie.


Manchmal denkt Astrid Bouteuil, die mit ihrer Familie bei Paris lebt, daran zurück, wie das war über die Jahre, nachdem sie selbst längst die Gewissheit hatte, die Tochter des großen Fliegers zu sein, der als erster nonstop allein von New York nach Paris geflogen war.

Sie wusste schließlich, dass Charles Lindbergh, der in ihrer Kindheit regelmäßig in dem kleinen Haus am Ammersee aufgetaucht war, ihr Vater und der ihrer beiden Brüder war. Und an das Gelübde der Mutter, das Geheimnis zu wahren, hatte sie sich nach deren Tod nicht mehr gebunden gefühlt. Der amerikanische Großvater gehöre zur Identität ihrer eigenen Kinder, sagt sie, niemand dürfe sie ihnen streitig machen.

Als Journalist begegnet man mitunter Menschen, die unwahrscheinliche Geschichten berichten, und manchmal sind sie wahr. Als wir Astrid Bouteuil das erste Mal trafen und sie von ihrem Vater Charles Lindbergh erzählte, trug sie dies mit großer Selbstverständlichkeit vor.

Eine gewisse Ähnlichkeit mit Lindbergh mochte ein subjektiver Eindruck sein, aber es war alles sehr schlüssig, und zudem waren da die Briefe an ihre Mutter, unverkennbar von Lindberghs Hand. Trotzdem haben wir uns monatelang Zeit gelassen. Für Astrid Bouteuil war zunächst nicht eine Veröffentlichung wichtig gewesen, sondern die Gewissheit, dass ein Außenstehender ihr glaubte. Dass dabei nie von Geld die Rede war, hatte für sie und ihre Brüder gesprochen. Die Welt wartete nicht auf diese Enthüllung, und wir wollten ganz sicher gehen.

 

Eine Art Ehe ohne Trauschein

 

Nachdem die Süddeutsche Zeitung Anfang August die Identität der deutschen Lindbergh-Kinder schließlich publik machte, herrschte auf der anderen Seite des Ozeans zunächst ärgerliche Verblüffung. A. Scott Berg, Lindberghs Biograph, der für sein Standardwerk über „ein Idol des 20. Jahrhunderts“ mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden war, meldete heftige Zweifel an. Als Vertrauter der Familie Lindbergh zog er die Aufmerksamkeit auf sich.

Er hielt es für unwahrscheinlich, dass die Münchnerin Brigitte Hesshaimer, eine begabte Hutmacherin, nicht nur die Geliebte des Fliegers war, sondern mit ihm eine Art Ehe ohne Trauschein, aber mit drei Kindern geführt hatte.
Es passe nicht zu seinem Charakter, sagte er damals. Das ließ ein Schlupfloch offen.

Die Skepsis, auch die der Lindberghs, war nachvollziehbar. Denn über viele Jahre fühlten sich Lindberghs Nachfahren immer wieder von Leuten behelligt, die behaupteten, sie seien Lindberghs Baby.
Sein Erstgeborener, Charles Augustus jun., war 1932 entführt und ermordet worden. Ein deutscher illegaler Einwanderer wurde für die Tat auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet.

Es tauchen aber noch heute bejahrte Herren auf, die glauben, sie seien als Kleinkind vertauscht worden. Umgebracht worden sei damals nicht Lindberghs Baby, das seien sie nämlich selbst. An solche wilden Storys waren die Lindberghs gewöhnt. Als dann plötzlich im August die New York Times die Süddeutsche Zeitung mit der Geschichte von den deutschen Kindern des Amerikaners zitierte, glaubte die Familie zunächst kein Wort.

Inzwischen ist die Skepsis milder geworden, bei einigen ganz gewichen. Einzelne Familienmitglieder treffen sich mit der unverhofften Verwandtschaft, auch wenn die Kontakte einstweilen auf beiden Seiten mit Diskretion gepflegt werden.

Astrid Bouteuil ist stets aufs Neue gerührt, wenn sie wieder mal einen aus der Familie gesehen hat. Manchmal überkommt sie die Wunschvorstellung eines großen Familientreffens: Es sollten sich alle in Paris treffen, da, wo der junge Charles Lindbergh 1927 mit seiner „Spirit of Saint Louis“ gelandet ist – am besten beim Denkmal am Flughafen Le Bourget.

Dieser Wunsch wird noch eine Weile unrealistisch bleiben, denn die Amerikaner schrecken zurück von allem, was Journalisten anziehen könnte. Sie wollen keine Presse.

Das haben sie mit „Lucky Lindy“ gemein. Der Biograph Scott Berg kann sich das geglückte Doppelleben des „einsamen Adlers“, wie Lindbergh zu seiner Zeit auch genannt wurde, nur damit erklären, dass er sich auf der Höhe seines Ruhms völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte.

Es gab keine Bilder mehr in den Zeitungen, es war überdies noch nicht die Zeit des Fernsehens. Einer der berühmtesten Männer des 20.Jahrhunderts konnte so unerkannt durch München oder jede beliebige Stadt gehen.

Die Geschichte der Hesshaimers und des stillen Amerikaners soll nun Gegenstand eines Dokumentarfilms mit dem naheliegenden Titel „Die wahre Lindbergh-Story“ werden. Mit den Dreharbeiten wollen die Münchner FilmeMacher Danuta und Walter Harrich im Dezember beginnen.

Und ein Buch wird auch geschrieben, das der Münchner Autor Rudolf Schröck spätestens zur nächsten Buchmesse vorlegen will. Andererseits gibt es immer noch den Aspekt der weiteren Lindbergh-Kinder in der Schweiz und anderswo, die ihre Geschichte nicht mit der Öffentlichkeit teilen wollen.

Die machen es jedem Autor schwer, die ganze Lindbergh-Story aufzuschreiben. Zumindest wenn der Respekt vor der Privatsphäre fremder Leute größer bleibt als die Freude an der Enthüllung.

 

 

28.11.2003   14:28 Uhr

  

DNA-Test bringt Gewissheit

Familienzuwachs bei Lindberghs

Charles A. Lindbergh hatte tatsächlich drei uneheliche Kinder in München. Das hat eine DNA-Untersuchung nun 30 Jahre nach dem Tod des US-Fliegerhelden festgestellt. Der heikle "Beziehungsaufbau" zu den offiziellen Familienangehörigen in den USA findet nun "hinter verschlossenen Türen" statt.

 

 

Anfang August hatten Dyrk (45), Astrid (43) und David (36) ihre Identität enthüllt und einen Beweis durch einen DNA-Test angekündigt.

17 Jahre lang führte der legendenverklärte Amerikaner ein Doppelleben. Das Verhältnis mit der 24 Jahre jüngeren Geliebten dauerte bis zu seinem Tod 1974.

In seiner Heimat war er mit der Schriftstellerin Anne Morrow verheiratet. Die beiden galten als Traumpaar. Lindbergh hatte 1927 als erster Mensch im Alleinflug den Atlantik überquert.

Die DNA-Proben für den Test am Rechtsmedizinischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität stammten zum einen von den Kindern der Hutmacherin, zum anderen von einem amerikanischen Angehörigen Lindberghs, der allerdings nicht genannt werden wolle, sagte Schwenk.

Mit den Familienmitgliedern in den USA bestehe Kontakt. „Der Beziehungsaufbau läuft.“ Der Prozess finde aber „hinter verschlossenen Türen“ statt.

Neue Einzelheiten über Lindberghs weiteres Verhältnis zur älteren Schwester der Hutmacherin gibt es nicht.

Aus der Verbindung zu Marietta Hesshaimer, die heute in einem abgeschiedenen Ort im Schweizer Kanton Wallis lebt, sollen zwei weitere Söhne hervorgegangen sein.

Damit hätte der Atlantik-Überquerer mindestens fünf uneheliche Kinder. Die Schweizer Seite habe kein Interesse an Öffentlichkeit, sagte Schwenk unterdessen.

Die drei Geschwister arbeiten nach Schwenks Angaben derzeit gemeinsam an einem Buch über ihre Familiengeschichte, das voraussichtlich zur Frankfurter Buchmesse im kommenden Herbst herauskommen soll.

Ferner beginnt demnach im Dezember die Produktion eines TV-Dokumentar-Films „Die wahre Lindbergh-Story“, der voraussichtlich bis zum 30. Todestag Lindberghs am 26. August 2004 fertig werden soll.

Die Kinder hatten ihren Vater lange Zeit nur unter dessen Pseudonym Careu Kent gekannt. In ihren Geburtsurkunden steht „Vater unbekannt“.

Astrid Bouteuil, die heute bei Paris lebt, hatte im August berichtet, Lindbergh habe seine Zweitfamilie wenige Male im Jahr besucht. Er habe sich immer sehr intensiv mit den Kindern auseinander gesetzt und viele Ausflüge unternommen.

Stets habe er Englisch gesprochen.

Die beiden Lindbergh-Söhne leben in der Umgebung Münchens.

Bouteuil hatte als junge Erwachsene mit Nachforschungen begonnen.
Die Mutter gab schließlich ihr Geheimnis preis, es musste aber bis zu ihrem Tod in der Familie bleiben. Ebenso fanden sich rund 150 heimliche Briefe, die Charles Lindbergh an seine Münchner Geliebte schrieb.

 

 

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.08.2003, Nr. 198 / Seite 9

Charles Lindbergh
Doppelleben hinterm Doppelleben
Von Albert Schäffer

27. August 2003 Als Albtraum seiner Biographen erweist sich Charles Lindbergh. Vor fünf Jahren hat A. Scott Berg sein gefeiertes Buch über den Piloten veröffentlicht, der nach seinem Alleinflug über den Atlantik zu einem amerikanischen Volkshelden verklärt wurde. Teilweise minutiös zeichnete Berg das Leben Lindberghs nach; kein Detail schien ihm zu entgehen, etwa wenn er die Romanze des Flugpioniers mit seiner späteren Ehefrau Anne Morrow schilderte: "Nach einem leidenschaftlichen Rundtanz ließ sich Anne in der Halle auf ein Sofa fallen, neben eine Cousine und ein paar Freunde ihres Bruders." Ein Standardwerk habe er geschaffen, wurde Berg gepriesen; die Auszeichnung mit dem Pulitzer-Preis und eine Übersetzung ins Deutsche folgten.

Doch seit einigen Wochen wird das hyperrealistische Bild des Flugpioniers, das Berg geschaffen hat, erschüttert. Lindbergh wird in den Medien unversehens als ein Mann mit vielen Gesichtern gezeigt - mit vielen amourösen Gesichtern. Es begann mit einem Bericht in der "Süddeutschen Zeitung", die über eine Münchner Hutmacherin berichtete, mit der Lindbergh eine zweite Familie gegründet habe - streng abgeschottet von seiner Frau und seinen fünf amerikanischen Kindern. Lindbergh habe ein Doppelleben geführt: Diese Nachricht wurde rund um den Erdball verbreitet; und die drei Kinder, die der Liebesbeziehung mit der Deutschen entsprungen sein sollen, präsentierten sich alsbald im Münchner Rathaus strahlend der Öffentlichkeit. Sie erzählten eine Geschichte, um die sie jeder Romanautor und Drehbuchschreiber beneiden mußte. Wie ihre Mutter, Brigitte Hesshaimer, Anfang 1957 Lindbergh in München kennengelernt, wie die junge Frau zu dem mehr als 30 Jahre älteren Mann gefunden und wie ihr Glück sich mit der Geburt der Kinder vollendet habe. Ein Idyll malten die Geschwister Hesshaimer aus - mit einem Vater, dessen wahre Identität sie zu seinen Lebenszeiten nicht gekannt hätten, der aber bei seinen sporadischen Besuchen kaum liebevoller hätte sein können. Die Beziehung zu Lindbergh sei der "Paradiesgarten" ihrer Mutter gewesen.

Familiäre Duplizität

Lindbergh starb im Jahre 1974 - erst danach wollen die Hesshaimer-Geschwister der Mutter das Geheimnis entlockt haben, wer Careu Kent gewesen sei - der Nom d'amour Lindberghs in Bayern. Lindberghs Biograph Berg wurde nach dem Gang der Hesshaimers in die Öffentlichkeit mit Fragen bedrängt, was er von der Münchner Lovestory halte - und flüchtete sich zunächst auf das weite Feld der Psychologie. Ein Doppelleben mit einer zweiten Familie passe nicht zu Lindberghs Charakter, wurde Berg zitiert. Auch Briefe Lindberghs an seine Münchner Geliebte und Fotographien des Liebespaares, welche die Hesshaimers präsentierten, änderten an der Skepsis Bergs nichts. Es sollte aber noch schlimmer kommen für den Biographen, der sich so sicher wähnte, nach jahrelangen Studien den Charakter Lindberghs zu kennen. Die Zeitschrift "Focus" überraschte in dieser Woche ihre Leser mit der Nachricht, es gebe eine weitere geheime Familie Lindberghs in Europa; auch mit Marietta Hesshaimer, der älteren Schwester Brigittes, habe Lindbergh zarte Bande geknüpft, der zwei Söhne entsprungen seien. Lindbergh habe noch ein Doppelleben hinter dem Doppelleben geführt, an zwei verschiedenen Orten. Während Brigitte Hesshaimer mit ihren drei Lindbergh-Kindern an den Ammersee gezogen sei, habe sich ihre Schwester Marietta mit den beiden Lindbergh-Söhnen in der Schweiz niedergelassen, im Wallis. Bis ins Detail soll Lindbergh die familiäre Duplizität vorangetrieben haben: zwei Häuser für die Geliebten mit den jeweiligen Kindern, eines in Bayern, eines in der Schweiz, habe er geplant und gebaut.

War Lindbergh ein polygamer Steinzeitmensch, den es ins Zeitalter der Fliegerei und der ungebremsten Mobilität zwischen den Kontinenten verschlagen hat? Das "Journal of Molecular Evolution" berichtete kürzlich, daß populationsgenetische Untersuchungen einer Forschergruppe der Universität Ferrara darauf hindeuteten, daß die Monogamie frühestens vor 20 000 Jahren erfunden worden sei. Zuvor sei es üblich gewesen, daß ein Mann mit mehreren Frauen Nachwuchs gezeugt habe. Ein besonderes Verhältnis zur menschlichen Arterhaltung hatte Lindbergh in jedem Fall. Berg referiert in seiner Biographie, daß den Flieger immer wieder Fragen des genetischen Erbes beschäftigt hätten: "Wenn man in der Familie Lindbergh erwachsen wurde, hieß das, daß man zahlreiche Ausführungen über die natürliche Auslese zu hören bekam: Die Jungen wurden unaufhörlich vor Frauen gewarnt, die einen mit einer Schwangerschaft köderten; und die Männer wurden ermahnt, nicht vor lauter Gefühl blind zu werden gegenüber den Eigenschaften, die sie an Männern wirklich suchten." Glaubt man den jüngsten Berichten über seine Familiengründungen in Europa, hätte Lindbergh diese Pädagogik für sich selbst in eine ganz spezielle Praxis umgesetzt. Eine Praxis, die noch weitere Schlagzeilen produzieren könnte; Lindbergh, durch Berateraufträge vermögend geworden, seiner Frau Anne entfremdet, führte in den fünfziger und sechziger Jahren ein ungebundenes Leben und reiste ununterbrochen durch die Welt.

Lindbergh-Kinder wollen Verbindung herstellen

Marietta Hesshaimer und ihre Söhne schweigen zu den Berichten, anders als die Kinder von Brigitte Hesshaimer, die 2001 gestorben ist. Sie hätten vor ihrem Gang in die Öffentlichkeit Gespräche mit allen Familienmitgliedern geführt, teilten sie am Dienstag mit. Marietta Hesshaimer und ihre Söhne hätten sie gebeten, Diskretion zu wahren. Es stimme nicht, daß aus den Schwestern Brigitte und Marietta Rivalinnen geworden seien: "Zwischen den in den Schweiz und in Deutschland lebenden Familienmitgliedern bestand stets ein sehr guter und enger familiärer Kontakt und Austausch." Sie hätten bei der Veröffentlichung ihrer Geschichte nur "das legitime persönliche Ziel" verfolgt, sich zu ihrer Herkunft zu bekennen - und "die Verbindung zu den Familienmitgliedern unseres Vaters in den USA zu etablieren".

Bleibt das Schicksal Bergs und anderer geplagter Biographen, die sich nun entscheiden müssen, ob sie sich in ein familiäres Labyrinth aufmachen wollen, dessen Schöpfer Lindbergh sein soll. Ein Fachmann in solchen Erkundungen, Sigmund Freud, warnte jedenfalls in einem Brief vor den Gefahren des Genres der Lebensbeschreibung: "Die biographische Wahrheit ist nicht zu haben, und wenn man sie hätte, wäre sie nicht zu brauchen." Dabei mag Freud noch gar nicht an ein Doppelleben hinter einem Doppelleben gedacht haben.

 

 

 

stern.de

   

 

stern.de - 14.8.2003 - 16:37
 

Charles Lindbergh

 

"Auch Helden haben ihre Fehler"

 

Bis vor einer Woche war der VW nicht mehr als ein altes Auto. Zwar das eines weltberühmten Mannes, aber ohne Geheimnis. Vier Jahre vor seinem Tod brachte er es dorthin, wo sein Leben begonnen hatte. Nach Little Falls, Minnesota. Hier, am Ufer des Mississippi, steht das Holzhaus, in dem er aufgewachsen ist, daneben ein kleines Museum. Auf einem Podest der Wagen. Hinter Glas liegen Schraubenschlüssel, ein Kehrbesen, eine Taschenlampe. Außerdem eine Schaufel, ein Löffel, Konserven mit Fleisch, Sardinen und Bohnen. Und eine Luftmatratze.

Auf Texttafeln steht, Charles Lindbergh habe den Käfer 1959 gekauft, die halbe Welt damit bereist. Europa, den Nahen Osten, Afrika, die USA. Es steht dort auch, wie praktisch er es fand, dass man ihn wunderbar einfach in ein Bett verwandeln konnte, nur den Vordersitz musste man rausnehmen. Mehr als 100 Nächte habe er im Laufe der Jahre darin verbracht. Auch ein Familienauto sei es gewesen. Er und seine Frau hätten es benutzt, wenn sie in ihrem Chalet in der Schweiz waren. Charles Lindbergh und die Schriftstellerin Anne Morrow waren 45 Jahre verheiratet, von 1929 bis zu seinem Tod.

Es ist ein aufregendes, bewegtes Leben, das in Little Falls zu besichtigen ist. Über einen Menschen, den die Welt zu kennen glaubte. Über den es Hunderte von Biografien, Filmen und Liedern gibt. Im vergangenen Jahr wurde die Ausstellung überarbeitet, pünktlich zu Lindberghs 100. Geburtstag. Noch einmal wurde indexiert, katalogisiert, erforscht; auch das Kapitel Lindbergh and the Third Reich. Da gibt es ein Foto aus dem Jahr 1938. Lindbergh erhält von Hermann Göring das "Verdienstkreuz Deutscher Adler" - auch dass er die Medaille nicht zurückgab, ist zu lesen. Nichts sollte ausgelassen werden.

 

Und nun taucht plötzlich diese Geschichte auf. Von drei Deutschen, die einen Teil ihrer Kindheit in eben jenem VW verbracht haben wollen. Mit ihrem angeblichen Vater - Charles Lindbergh. Die davon erzählen, wie sie während eines Gewitters im Wald saßen und er ein Essen zubereitete, mit dem, was er im Auto hatte. Von Urwald und Savanne habe er berichtet, mit den Ohren gewackelt, und seine Schuhe seien so groß gewesen, dass Puppen hineinpassten. 112 Briefe soll er ihrer Mutter geschrieben haben, alle paar Monate habe er sie besucht. Sein Pseudonym sei Careu Kent gewesen. Die mutmaßliche Tochter, die die Sache öffentlich gemacht hat, lebt inzwischen in Paris, ausgerechnet dort. Dem Ort des Triumphs. Dem Ort, in dem Charles Lindbergh im Mai 1927 landete. Nach 33 Stunden und 30 Minuten über dem Ozean, am Tag, als die ganze Welt vor dem Radio saß und man in den USA die Marseillaise spielte.

Lucky Lindy. 25 war er damals, ein junger Gott, blond und groß, Held von Generationen. Der "einsame Adler", hieß es ehrfürchtig. Seine Landsleute verglichen ihn mit Columbus und Jesus. Nach seiner Rückkehr wurde er mit einer riesigen Konfettiparade begrüßt, bei seiner Reise durchs Land stand halb Amerika am Straßenrand. Millionen Briefe kam en. Lindbergh sagte, er sei "ein Bote zwischen Europa und Amerika".

Rund 150 Besucher kommen täglich in die Gedenkstätte in Little Falls. Ein paar fragen vorn an der Kasse, was sie von der Sache halten sollen, sie haben es in der Lokalzeitung gelesen. "Three kids, somewhere in Bavaria?" Alles Spekulation, man wisse selbst nichts, sagt die junge Museumsführerin. Es fällt ihr schwer genug, den Namen der Zeitung auszusprechen, die den Fall aufgedeckt hat: "The Sueddeutsche Zeitung". Sie hat den Artikel im Internet gesucht. Verstehen kann sie es nicht, was dort steht. Vom Ammersee und Brigitte Hesshaimer, gut 20 Jahre jünger als er, einer Hutmacherin, die nach einer Tuberkuloseerkrankung ein Bein nachzieht. Von einer Liebesgeschichte, die im Jahr 1957 begonnen und bis zu Lindberghs Tod gehalten haben soll. Brian Horrigan, der Kurator, sagt, er wisse nicht, ob man die Ausstellung ändere, falls sich die Sache als wahr erweise. "Ich bezweifle es ein bisschen, aber man müsste ganz von vorn nachdenken. Sicher gäbe es Empfindlichkeiten."

Millie und Glen Kraywinkle wollen von all dem nichts hören, Vaterschaftstest hin oder her. "Falls es stimmt, würde ich es einfach verdrängen", sagt Millie, eine resolute Dame in Türkis. Aber es sei ohnehin nicht wahr. "Ekelerregend ist das", ruft sie. "Lindbergh wäre der Letzte, der so etwas täte. Seine arme Familie." Ihr Mann Glen ist 84. Als Lindbergh über den Atlantik flog, war er acht. "Niemand hat mein Leben so berührt wie er." Millie nickt. Sie ist seit 62 Jahren seine Frau. Wenn Glen von Lindberghs Mut spricht, kommen ihm die Tränen. "Er hat das alles allein getan. Er hat das Flugzeug konstruiert, ist alleine geflogen, hat geschafft, was alle für unmöglich hielten." Er verkörpere alles, was Amerika groß mache: "Pioniergeist, Stolz, Bescheidenheit."

Außerhalb von Little Falls ist der Held deutlich umstrittener. Das hat mit seiner Nazi-Liebäugelei zu tun und damit, dass er in den vierziger Jahren gegen den Kriegseintritt der USA war. Und da ist die Sache mit dem Baby. Dem eineinhalbjährigen Sohn, der im Jahr 1932 unter mysteriösen Umständen aus seinem Bett verschwand und zwei Monate später halb verwest in der Nähe des Hauses aufgefunden wurde. Verschwörungstheoretiker behaupten bis heute, ein Familienmitglied, vielleicht gar Lindbergh selbst, hätte den Tod zu verantworten. Die Ermittlungen führten damals zur Verhaftung von Richard Hauptmann, einem deutschen Immigranten, der die Tat bis zuletzt bestritt. Er wurde 1935 hingerichtet, nach einem Indizienprozess, der sich stark auf Lindberghs Aussage stützte.

Mindestens ein Dutzend Männer haben sich im Lauf der Jahrzehnte gemeldet, die sagen, sie seien das entführte Baby. Auch damit hat es zu tun, dass die US-Medien auf die neuerliche Meldung vermeintlicher Lindbergh-Kinder zurückhaltend reagieren. Anders als die meisten deutschen Zeitungen, die die Vaterschaft offenbar als erwiesen ansehen.

Die Lindberghs bekamen nach dem Tod des Babys fünf weitere Kinder: Jon, Land, Scott, Anne und Reeve, die jüngste Tochter - geboren 1945. Dass im Jahr 1958 ein Halbbruder mit dem Namen Dyrk und später eine Astrid und ein David im fernen München zur Welt gekommen sein sollen, kommentierte die Familie bisher nicht. Dabei werde es zunächst auch bleiben, sagt Marlene White, Geschäftsführerin der Lindbergh-Stiftung, deren Präsidentin Tochter Reeve ist. Der Satz, mit dem diese in der "Bild" zitiert worden war ("Was die drei Deutschen da behaupten, ist Nonsens"), ist laut White eine Erfindung. Angeblich befasse sich die Familie gar nicht mit dem Thema. "Es ist ja wirklich nicht das erste Mal, dass Leute behaupten, Charles Lindbergh zum Vater zu haben."

Unklar ist manches. Dyrk Hesshaimer erinnert sich in der "SZ" an den letzten Besuch von Careu Kent im Jahr 1973. Damals sei der Mann bereits so krank gewesen, dass er einen platten Reifen an seinem VW nicht mehr habe reparieren können. Er, Dyrk, habe es getan. Zu dem Zeitpunkt stand der VW jedoch bereits seit drei Jahren in Minnesota. Die vermeintliche Tochter Astrid behauptet, sie habe einen Brief an A. Scott Berg geschrieben, der für seine Lindbergh-Biografie den Pulitzerpreis bekam. Der Autor habe nicht geantwortet. Berg sagte dem stern, er habe einen solchen Brief nie bekommen. "Ich höre zum allerersten Mal von der Sache - sonst wäre ich dem natürlich nachgegangen."

Zeitlich halte er ein derartiges Vehältnis für möglich. Lindbergh war in den letzten 30 Jahren seines Lebens ständig unterwegs. Oft sei er in Deutschland gewesen. In seinem Buch beschreibt Berg die große Einsamkeit von Anne Lindbergh, die monatelang in ihrem Haus in Darien, Connecti-cut, auf Charles wartete. Von 1956 bis etwa 1958 habe sie einen Liebhaber gehabt, enthüllte er - eben die Zeit, in der Charles angeblich der Münchner Hutmacherin den Hof gemacht haben soll. Sehr sicher ist Biograf Berg, dass Lindbergh eine Affäre mit einer Filipina gehabt habe. Hinweise auf weitere Liebeleien habe er nicht gefunden. Aber er habe sie nie ausgeschlossen.
Außerdem habe er Gerüchte gehört, dass es eine weitere Frau gab. Wer ihm das sagte, verrät er nicht. Niemand aus der Familie jedenfalls. "Ich hatte es aus vierter Hand." Die Verbindung zwischen Anne und Charles sei kompliziert gewesen. "Aber es war immer eine große Liebe. Eine große Liebe zwischen zwei sehr unabhängigen Menschen."

Alles, was er über die nun aufgetauchten Briefe nach Deutschland gehört habe, klinge authentisch. Auch die Verwendung des Pseudonyms passe zu Lindbergh - häufig habe er den Tarnnamen Rubin Lloyd verwandt. Lindbergh habe die Öffentlichkeit gemieden, wann immer es ging. Verkleidet habe er sich auch, mit Sonnenbrille und Hut. Berg sagt, er halte es insgesamt für gut möglich, dass ein Kontakt zu Brigitte Hesshaimer und ihren Kindern bestanden habe. Nur an eine Vaterschaft glaubt er nicht.

Aber: "Ich glaube gern, dass ihre Mutter ihnen gesagt hat, Charles Lindbergh sei ihr Vater. Ich weiß nichts über die mentale Verfassung dieser Frau. Es war sicher nicht leicht, in den fünfziger Jahren drei Kinder ohne Vater großzuziehen." Glaubt er, dass die amerikanischen Lindbergh-Nachkommen für einen DNA-Test zur Verfügung stünden? "Ich kann nicht für sie sprechen. Aber es würde mich wundern. Warum sollten sie?"

Was ihn an der heimlichen Vaterschaft zweifeln lasse, sei besonders die Tatsache, dass die vermeintliche Geliebte Tuberkulose hatte. "Lindbergh hat seinen Kindern ständig gepredigt, wie sorgsam sie bei der Auswahl ihrer Sexualpartner sein sollten.
Sie dürften nie das genetische Erbe vergessen, die natürliche Auslese."

Das sagt auch Russell Fridley, 75, jahrzehntelang Direktor der Historischen Gesellschaft von Minnesota und ein Freund der Familie. Er erinnert sich an eine Rede, die Lindbergh 1971 gehalten habe: "Da hat er gesagt, dass man den genetischen Pool dadurch schwäche, dass man Menschen am Leben erhalte, die nicht am Leben sein sollten." Bis zu seinem Tod habe er an die Überlegenheit der Nordeuropäer geglaubt, speziell die Deutschen habe er bewundert. "Aber eine hinkende Frau, die Tuberkulose gehabt hatte?" Fridley lacht. Er glaubt es nicht. Über Frauen hätten sie nie gesprochen. Wenn Lindbergh von seinen Reisen wiederkam, habe er von Blauwalen erzählt und Steinzeitmenschen. "Da wär ich doch nicht auf die Idee gekommen zu fragen, ob er vielleicht auch eine Frau getroffen hat." Und wenn er doch eine getroffen hat? "Dann würde ich denken, auch Helden haben ihre Fehler."

Vor einigen Jahren schrieb Reeve Lindbergh über ihren Vater im "Time Magazine": "Als ich ihn am besten kannte, spät in seinem Leben, flog er wieder um die Welt, so wie er es in jungen Jahren getan hatte, aber diesmal, weil es um bedrohte Arten, unentdeckte Orte und Naturvölker ging." Vielleicht war es so. Vielleicht auch ganz anders. Vielleicht hat ihn niemand wirklich gekannt, den einsamen Adler.

  

 

Meldung vom 08. Dezember 2003

 

Charles Lindbergh

 

Der Atlantik-Überquerer

  

Als erster Pilot bewältigte er die Strecke über den Atlantik von New York nach Paris nonstop und ebnete der internationalen Luftfahrt den Weg: Für seinen Pionierflug am 21. Mai 1927 benötigte Charles Lindbergh (1902-1974 33 Stunden und 32 Minuten. "Er war ein ungewöhnlich seriöser Mann", meint der Heidelberger Pilot Dieter Schmitt (77), der dem legendären Flugpionier in den 70er Jahren auf Hawaii begegnete. "Er war im Gegensatz zu manchen Piloten unserer Zeit, die nur schlagzeilenträchtige Abenteuer suchen, ganz zurückhaltend und immer auf sein großes Ziel konzentriert."

Finanziell benachteiligt
Als "Ferry-Pilot" - Flieger, die ein- oder zweimotorige Flugzeuge von Amerika nach Europa oder Asien überführen - hat Schmitt den Atlantik 357 Mal überquert und die Erde mit einem Reiseflugzeug zwei Mal in Rekordzeit umrundet. "Er hat konsequent an seinem Konzept gearbeitet", urteilt Schmitt über den berühmten Kollegen. "Charles Lindbergh kam ohne die großen Sponsoren aus, die schon vor 75 Jahren riesige Summen in zwei- und dreimotorige Flugzeuge steckten, die dann mit mehreren Piloten den Atlantik meistern sollten. Ihm stand letztlich vielleicht nur ein Zehntel der Summe zur Verfügung, über die seine Konkurrenten verfügen konnten."

Allein im "fliegenden Treibstofftank"
Der einstige Jagd- und Segelflieger Schmitt wurde 1977 als bis heute einziger Nicht-Amerikaner mit der Lindbergh-Memorial-Medaille für seinen Lindbergh-Gedächtnisflug vor 25 Jahren geehrt. Er ist voller Respekt für den Amerikaner, der am 4. Februar 1902 zur Welt kam: "Es war eine unglaubliche Leistung für die damalige Zeit. Er hat doch sogar Mühe gehabt, mit seinem 'fliegenden Treibstofftank' überhaupt abzuheben. Ein Aufschlagbrand und das wärs gewesen."

Triumphaler Empfang
Die Atlantik-Überquerung im Alleinflug wurde zu einem der größten Triumphe der zivilen Luftfahrt. 100.000 begeisterte empfingen den jungen Postflieger auf dem Flugplatz in Paris. Die Belohnung: 25.000 Dollar und ewiger Ruhm. Mit vier Butterbroten, zwei Wasserflaschen und 1600 Litern Treibstoff an Bord war Lindbergh in den USA gestartet. Auf seinem Flug trotzte er Nebel, Graupel und Kälte. Manchmal flog er nur wenige Meter über den Wellen. Als Fischerboote in Sicht kamen, wusste Lindbergh, dass er Kurs gehalten hatte. Nach der Rückkehr per Schiff bereiteten ihm vier Millionen Menschen einen triumphalen Empfang. Als eine Art "Botschafter der Fliegerei" warb Lindbergh fortan für seinen Beruf.

 

Auf die Frage, ob er 1927 mit der einmotorigen zerbrechlichen "Spirit of St. Louis" auch über den Atlantik geflogen wäre, zögert Schmitt und bekennt dann: "Ich glaube schon, dass ich mich getraut hätte, aber vielleicht hätte ich das Flugzeug doch etwas anders gebaut." Er weiß, dass er mit dem Wissen von heute über die Pioniertat des Anwaltssohnes aus Detroit spricht. Ob er bei seinen langen einsamen Atlantikflügen einmal an Charles Lindbergh gedacht hat? "Um ehrlich zu sein, nein. Wenn man einmotorig über den Atlantik fliegt, hat man zu viel zu tun, um an andere Dinge zu denken."

Schnelle Fortschritte
Ähnlich wie Schmitt denken viele erfahrene Piloten unserer Zeit über Lindbergh. "Ohne die beispiellose Risikobereitschaft dieses Pioniers hätten wir den unglaublichen Fortschritt, den wir heute in der Luftfahrt erlangt haben, sicherlich nicht so schnell erreicht", urteilt Robert Salzl, der mehrere Jahre lang Chefpilot der Deutschen Lufthansa war. Der Lübecker Weltrekord-Segelflieger Hans-Werner Grosse bringt es auf den Punkt: Lindbergh habe "die Begeisterung der Menschen für die Fliegerei geweckt".

 

 

Schröck , Rudolf 

Mit Dyrk Hesshaimer, Astrid Bouteuil u. David Hesshaimer

Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh

Der berühmteste Flugpionier aller Zeiten - seine wahre Geschichte

2005. 368 S. HEYNE
ISBN 3453120108

EUR 19,90

 

Süddeutsche Zeitung, 06.09.2005

Gene lügen nicht

Eine neue Charles-Lindbergh-Biografie würdigt den Rekordflieger als „Wahldeutschen“

STEFAN DORNUF

Im Jahr 1956 erschien in der von Ernestor Grassi, dem Münchner Ordinarius für Philosophie, edierten Sachbuchreihe „rowohlts deutsche enzyklopädie“ Band neun mit dem Titel: „Die Amerikaner. Eine völkerpsychologische Studie“. Ihr Verfasser war der britische Soziologe Geoffrey Gorer, der, sekundiert vom Herausgeber, den Bürgern der jungen Bundesrepublik die neuen Besatzer „schmackhaft“ machen wollte. Der Erfolg der Publikation (in weniger als zwölf Monaten 40 000 verkaufte Exemplare) verdankte sich womöglich dem bewährten ethnologischen Rezept, eine differenzierte Spätkultur mit den gleichen Augen zu betrachten wie einen x-beliebigen primitiven Stamm – was zu verblüffenden Einsichten führen mochte.

Als Fazit jedenfalls kam heraus, dass die zeitgenössischen Amerikaner zwar irgendwie „anders“ seien als die (West-)Europäer, aber „gut“ allemal – mit zwei Ausnahmen: Charles Lindbergh und Anne Morrow. Von der Gemahlin des legendären Piloten wurde deklariert, sie hätte mit ihrer Broschüre „The Wave of the Future“ (1940) den Faschismus in den USA überhaupt erst salonfähig gemacht; und ihr Gatte fand sich quasi der Hochstapelei bezichtigt, insofern er sich zu Unrecht dafür hätte feiern lassen, als Erster den Atlantik überflogen zu haben.

Landesverräter also und falscher Held. Der Hass, der noch bis vor wenigen Dekaden auf angelsächsischer Seite bei der bloßen Nennung des Namens Lindbergh hervorbrach, ging mitunter so weit, diesem rückwirkend sogar sein herausragendes Verdienst abzusprechen. Denn natürlich hatte der damals 25-Jährige nicht als erster Mensch schlechthin den Ozean überquert (und von daher Weltruhm erlangt), sondern „nur“ als Erster solo und Non-stopp. Der Jubel war im Jahr 1927 einhellig gewesen, weil in jenem Stadium der Unschuld die Technikeuphorie noch besten Gewissens die Völkerverständigung voranzutreiben wähnte.

1932 bestätigte ein Schicksalsschlag Lindbergh als Sympathieträger, als sein Erstgeborener entführt und ermordet wurde. Der „Karriereknick“ schließlich ereignete sich im Herbst 1941, nachdem Lindbergh fast zwei Jahre hindurch der prominenteste Redner bei Massenkundgebungen der „Isolationisten“ gegen einen Kriegseintritt Amerikas gewesen und dabei Franklin D. Roosevelt in die Quere gekommen war. Nach Pearl Harbor wurde er endgültig ausgebootet und geächtet, und auch eine halbherzige Rehabilitierung unter Präsident Eisenhower konnte nicht verhindern, dass ihm bis zu seinem Tod 1974 eine Art Stigma anhaftete.

Das Trio deutscher Frauen

Der tiefe Fall des „Einsamen Adlers“ vom strahlenden Nationalheros zum vermeintlichen Judas war zuletzt 1999 von A. Scott Berg rekapituliert worden – in einer voluminösen (und Pulitzerpreis-gekrönten) Biografie, die sich als „definitiv“ verstand. Wenn jetzt ein deutscher Nachtrag erforderlich wird, so deshalb, weil (wie die SZ am 2. August 2003 erstmals enthüllte) der amerikanische Überflieger ab 1957 vor allem in Bayern oft „notlandete“. Dort nämlich unterhielt er mit der mehr als zwanzig Jahre jüngeren Modistin Brigitte Hesshaimer, ihrer Schwester Marietta, und Valeska, einer gemeinsamen Freundin der beiden, alternierend amouröse Beziehungen, denen insgesamt sieben Kinder entsprossen. In Zusammenarbeit mit dreien von ihnen und unter exklusiver Auswertung der Briefe Lindberghs an ihre Mutter hat nun der Journalist Rudolf Schröck die weißen Flecken ausgefüllt, die in Scott Bergs Buch geblieben waren. Einer von Schröcks wichtigsten Gewährsleuten ist der Schriftsteller Gore Vidal, dessen Buch „Amerikas Traum vom Fliegen“ Schröck ausführlich zitiert und dessen Enthusiasmus für die Pioniertage der Luftfahrt er teilt, einen Enthusiasmus, welchen Scott Berg nicht so recht zu vermitteln vermochte.

Gore Vidal hatte als unverdächtiger Linksliberaler auch schon die entscheidenden Argumente für eine „Entnazifizierung“ Lindberghs beigesteuert, denn die Frage der angeblichen „Kollaboration“ des Himmelsstürmers mit dem Dritten Reich rückt ja unabweisbar erneut in den Mittelpunkt, nachdem es sich bei dem erotischen Verhältnis „ausgerechnet“ um ein Trio deutscher Frauen dreht.

Auch wenn man den Begriff der Tragödie nicht überdehnen will, muss man doch sagen, dass es in Lindberghs Leben eine Verkettung unglücklicher Umstände gab, die den Schwedischstämmigen als Pechvogel sondergleichen erscheinen lässt: Seine Bewunderung für Effizienz, teutonische und sonstige, in Kombination mit dem Aussehen eines „Vorzeige-Ariers“ – ein blonder und blauäugiger, 1,90 Meter großer Mann – missbrauchten die braunen Machthaber nach Kräften.

So fand sich nicht allein der symbolische Triumph des Atlantikbezwingers desavouiert, ein spektakulärer Sieg der Beharrlichkeit menschlichen Geistes über die rohe Materie; auch der spätere Lindbergh wurde daraufhin gar nicht erst wahrgenommen. Denn nach seinem erzwungenen Ausstieg aus der aktiven Pilotenlaufbahn mutierte der zu einem Fundamentalökologen aus Leidenschaft. Lindbergh musste erkennen, dass sein eigenes Metier der Zersiedelung und Umweltzerstörung massiv Vorschub geleistet hatte. Was de facto ein Bruch war zwischen zwei Phasen seines Daseins, vollzog sich für die Öffentlichkeit eher unbemerkt. Schröck sieht richtig, dass praktisch die einzige Klammer zwischen den Perioden im wiederholten Bemühen der Politik bestand, Lindbergh zu benutzen und für sich einzuspannen: Nixon löste Göring als Manipulator ab.

Dazwischen fiel die ménage à quatre, deren Motiv hier einigermaßen im Dunkeln bleibt. Lindbergh als ein banaler mehrfacher Fremdgänger? Irgend etwas stimmt da nicht. An dieser Stelle hakt es in Schröcks Recherche, die ansonsten sehr viel gründlicher ist, als der komplette Verzicht auf Fußnoten und Literaturhinweise vermuten lassen würde.

Fündig werden können hätte Schröck bei einem seiner Vorläufer-Biografen, Leonard Mosley, der 1976 daran erinnerte, dass der bodenständige Lindbergh sich von seiner Ehefrau ursprünglich zwölf Babys gewünscht hatte – so dass immer noch eines im Nest wäre, wenn ein anderes flügge würde. Nach der sechsten Geburt jedoch hatte Anne Morrow kategorisch gestreikt, und so musste Lindbergh nach alternativen Jagdgründen ausspähen, wenn er seinen Lebensplan verwirklichen wollte. Und nachdem das Dutzend erst einmal voll war, scheint er sein Pulver tatsächlich nicht mehr verschossen zu haben.

 

 

 

stern.de

   

 

Artikel vom 27. Mai 2005

Charles Lindbergh

Frauen flogen auf den Fliegerhelden

Dass es der amerikanische Pilot Charles Lindbergh Zeit seines Lebens doll getrieben hat, war bereits bekannt. Doch glaubt man dem Autor Rudolf Schöck, war alles noch viel schlimmer.

Ralf E. Krüger/DPA

 

Rudolf Schröck: Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh
Heyne Verlag, München
368 Seiten, 19,90 Euro

Charles Lindberghs letzte Botschaft an seine deutsche Geliebte Brigitte Hesshaimer kurz seinem Tod mahnte: "Hold the utmost secrecy!" - Absolute Geheimhaltung! Jahrzehntelang war dieser Satz Programm für den gefeierten Nationalhelden der USA, dessen Doppelleben erst 2003 die Offenbarung der drei Hesshaimer- Kinder in Ansätzen aufgedeckt hatte. Eine DNA-Analyse hatte damals belegt, dass sie leibliche Kinder des US-Fliegerhelden sind. Glaubt man dem Münchner Autor Rudolf Schröck, haben sie eine weit größere Familie als bisher angenommen - die Frauen flogen offenbar nur so auf den berühmten Flieger.

"Das Doppelleben des Charles Lindbergh in Deutschland und der Schweiz führte zur Gründung von drei heimlichen Familien mit sieben unehelichen Kindern", schreibt der Journalist in seinem Buch "Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh" (Heyne), das Anfang Juni auf den Markt kommt. Grundlage dafür waren unter anderem Interviews mit den Kindern der Münchner Hutmacherin Hesshaimer, die sich alle durchweg positiv über ihren Vater äußern. Sie fungierten als Co-Autoren des Buches und gewährten Schröck Zugang zum Familienarchiv sowie zu 400 Seiten heimlicher Korrespondenz zwischen Lindbergh und ihrer Mutter.

Affären mit Folgen
Daraus ging laut Schröck hervor: "Lindbergh hatte neben seiner Liaison mit der Münchner Hutmacherin gleichzeitig noch zwei weitere Liebesverhältnisse - mit Brigittes Schwester Marietta und mit seiner deutschen Privatsekretärin Valeska, die altem preußischem Adel entstammte." Beide hielten sich aber bis heute hartnäckig an Lindberghs Schweigegebot - so wie es auch die 2001 gestorbene Brigitte Hesshaimer zu Lebzeiten getan hatte. Die Affären blieben nicht ohne Folgen: Außer den drei Kindern mit Brigitte hatte Lindbergh laut Schröck je zwei weitere mit deren Schwester Marietta in der Schweiz und mit Valeska.

Eine Beziehung zu viert sei es gewesen, über deren genaue Details nur Lindbergh Bescheid wusste: "Er war der Mann zwischen drei Geliebten - und einer Ehefrau". Lindbergh (1902-1974), der 1927 als erster Mensch im Alleinflug den Atlantik überquert hatte, war in seiner Heimat mit der Schriftstellerin Anne Morrow verheiratet. Beide galten als Traumpaar und hatten gemeinsam sechs Kinder, von denen eines im Babyalter entführt und getötet worden war.

Im Dienste von Präsident Eisenhower
Mitte der 50er Jahre war die Musterehe aber nur noch "eine offiziöse Vorzeigeveranstaltung, in Deutschland wollte Lindbergh jetzt sein Alter Ego aufbauen und durchsetzen", heißt es in dem Buch. Die drei Frauen und Lindbergh hätten zeitweise sogar gemeinsam in dessen Wohnung in Rom gewohnt. Die habe der zur Legende verklärte Flieger in seiner Eigenschaft als Berater von US-Präsident Dwight D. Eisenhower "als europäische Operationsbasis" angemietet.

Lindberghs nachrichtendienstliche Arbeit begünstigte sein Doppelleben. Seiner Geliebten habe er gestanden, in streng vertraulichen «militärischen Missionen» unterwegs zu sein. Schröck fand heraus, dass Lindbergh drei Tage nach Ende des Zweiten Weltkriegs bereits im Geheimauftrag von US-Regierung und -Militär nach Deutschland unterwegs war. Dort erforschte er den Entwicklungsstand der deutschen Luftfahrt- und Raketenforschung und spürte deutsche Spitzentechniker auf.

Als PanAm-Direktor getarnt
Nach der Rückkehr war er an geheimen Waffenentwicklungsprogrammen beteiligt, lotete rund um die Welt US-Bomber-Stützpunkte aus, war an der US-Luftbrücke für das eingeschlossene Berlin beteiligt und beriet die Fluggesellschaft Pan Am. Schröck: "Eine bessere Tarnung gab es in der Tat nicht: Er kam nach London, Paris, Istanbul, Teheran oder Tokio als Repräsentant und Direktor von Pan Am, aber er kam immer auch als Consultant des amerikanischen Militärs und der US-Regierung. Er war kein Agent, aber er führte das Leben eines Agenten."

 

Lindbergh, der nach seinem historischen Soloflug über den Atlantik zum Medienstar wider Willen geworden war, hatte spätestens nach der Entführung seines Sohnes sowie einer Hetzkampagne gegen ihn ein gespaltenes Verhältnis zur Presse. Seit Mitte der 40er Jahre mied er konsequent die Öffentlichkeit. Schröck: "Lindbergh war zum perfekten Schattenmann geworden: Weltweit präsent, aber unsichtbar. Seine Konditionen bei US-Regierung, Air Force und Pan Am waren identisch: Er konnte zu jeder Tages- und Nachtzeit jedes amerikanische Flugzeug besteigen und zu jedem Punkt der Erde fliegen - in der ersten Klasse und immer ohne Bezahlung", schreibt der Autor, der zuvor mit Biografien über Willy Brandt und Franz-Josef Strauß bekannt wurde.
  

 

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"Verantwortungsvoller Verantwortungsloser"

Das Doppelleben des Fliegerhelden Lindbergh

Der Flugpionier Charles Lindbergh überquerte 1927 als Erster nonstop und im Alleinflug den Atlantik von New York nach Paris - eine Leistung, die ihn über Nacht weltberühmt machte. "Lucky Lindys" tollkühner Flug machte ihn zum amerikanischen Nationalhelden und internationalen Medienstar. Aber es gibt noch weitere spektakuläre Seiten des Charles Lindbergh.

27.05.2005

 

Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh
von Rudolf Schröck, Dyrk Hesshaimer, Astrid Bouteuil, David Hesshaimer
Heyne
Juni 2005
ISBN 3453120108
Preis: 19,90 Euro

  

Nach der Entführung und Ermordung seines erstgeborenen Sohns 1932 waren ihm Presse und öffentliche Auftritte zunehmend verhasst. Fast im Stillen verlief Lindberghs bis heute weitgehend unbekannte weltweite Tätigkeit für die US-Regierung, das amerikanische Militär und dessen Geheimdienst. Auch im Privatleben war Diskretion sein oberstes Gebot.

Umso überraschender war im Sommer 2003 die Nachricht, dass die Ikone der Lüfte neben seiner offiziellen Familie in den USA heimlich noch drei Kinder mit der Münchner Hutmacherin Brigitte Hesshaimer hatte. Sie hatte Lindbergh 1957 in München kennen gelernt - die Beziehung währte 17 Jahre bis zu Lindberghs Tod im Jahre 1974.

Lindbergh besuchte "Bitusch", wie sie genannt wurde, regelmäßig vier bis fünfmal im Jahr für einige Tage und schrieb ihr etwa 150 Briefe. Die drei gemeinsamen Kinder wussten bis in die 80er Jahre hinein nicht, wer ihr Vater wirklich war - um unerkannt zu bleiben, benutzte Lindbergh das Pseudonym "Careu Kent" und unterschrieb auch seine Briefe stets nur mit "C".

     Brigitte hatte Charles versprochen, das Geheimnis stets zu wahren. Erst nach ihrem Tod durften ihre Kinder an die Öffentlichkeit gehen. In ihren Geburtsurkunden steht "Vater unbekannt" - nun wollen sie sich endlich offen zu ihrem Vater bekennen können. Ihre Erinnerungen an Lindbergh erzählen seine Kinder jetzt in einem Buch von Rudolf Schröck.

Darin erweist sich dieser, in anderen Biografien häufig als nüchterner, rechthaberischer Familientyrann geschildert, als liebevoller Vater. Er unternahm Ausflüge mit ihnen, erzählte spannende Geschichten von seinen zahllosen Reisen und machte abends Pfannkuchen. Er war der Fixstern ihrer Kindheit und für ihre Mutter die ganz große Liebe.

 

Aber damit nicht genug: Das Buch wartet mit noch weiteren spektakulären Enthüllungen aus Lindberghs Privatleben auf: Brigitte war nicht die einzige Geliebte des Piloten. Er hatte außerdem Verhältnisse mit Brigittes Schwester Marietta und seiner ehemaligen Privatsekretärin und Übersetzerin in Europa, die im Buch nur mit ihrem zweiten Vornamen, Valeska, genannt werden darf.

Mit den beiden hatte er jeweils noch zwei weitere Kinder. Diese beiden Frauen leben noch, aber sie und auch ihre Kinder halten sich bis heute an Lindberghs Gesetz des Schweigens, an die von ihm geforderte "secrecy", und lehnen jeden öffentlichen Kommentar ab.

Mit allen drei Frauen unterhielt der doch nicht so "einsame Adler" jahrelang parallel Beziehungen, die erst mit seinem Tod endeten. Er versorgte sie und die insgesamt sieben Kinder gut, war aber nur selten da. Autor Schröck nennt Lindbergh einen "verantwortungsvollen Verantwortungslosen".

In seinen Briefen an Brigitte lobt er ihre Toleranz, es sei wunderbar, wie sie die Dinge meistere. Mit inneren Konflikten und dem äußeren Alltag mussten die Frauen allein klarkommen, Lindbergh verließ sich auf seine Maxime "Life will work it out". Brigitte und Marietta Hesshaimer mussten sich Lindbergh nicht nur teilen - sie wussten auch von seiner Ehefrau und von Valeska. Diese allerdings hatte Lindbergh in dem Glauben gelassen, er habe die Beziehungen zu den Schwestern beendet - als 80-Jährige musste sie erfahren, dass er sie belogen hatte.

Lindberghs Ehefrau, die bekannte Schriftstellerin Anne Morrow Lindbergh, wusste vom Doppelleben ihres Gatten nichts. Sie starb 2001 und erfuhr die Neuigkeiten nicht mehr. Ihre fünf Kinder reagierten zunächst skeptisch, aber Lindberghs jüngste Tochter Reeve hat sich inzwischen mit ihren europäischen Halbgeschwistern getroffen.

Charles Lindbergh, ein Getriebener, der zeitlebens ständig auf der ganzen Welt unterwegs war - seine Familie in den USA bekam ihn zusammengerechnet nur maximal drei Monate im Jahr zu Gesicht - hatte also mindestens vier Familien. Was könnte sein Motiv dafür gewesen sein?

Rudolf Schröck unterscheidet zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Lindbergh, der von der Ermordung seines ersten Kindes traumatisiert war: "Er hat dann eine Großfamilie gegründet mit noch fünf Kindern. Das heißt, er wollte seinen Lebensstrom, wie er sich ausdrückte, sein Ich, möglichst weit streuen. Es war fast wie ein Protest, um zu sagen 'ich zeig es euch, ihr Kidnapper, der Lindbergh ist unsterblich.'"

"In Amerika war er ein bekannter Mann, in Europa kannte ihn niemand. Hier konnte er vielleicht der Lindbergh sein, der er gern gewesen wäre. Und das hat sich auch in seinem Liebesleben ausgedrückt." Dyrk Hesshaimer, Lindberghs ältester Sohn mit Brigitte, hegt keinen Groll gegen seinen polygamen Vater: "Mir war die Person des Vaters wichtig. Mir ist es eigentlich auch heute nicht wichtig, wer er war. Für mich ist die Person, die ja präsent war, wie er sich hier verhalten hat, wie er versucht hat, uns Dinge weiterzugeben, die ist für mich das Entscheidende. Ich habe nach wie vor das Bild eines liebevollen Vaters und das Bild, dass meine Mutter mit ihm glücklich war. Er hat so gelebt, und das muss ich in irgendeiner Form auch akzeptieren."

Die Biografien über Lindbergh müssen revidiert werden, in keiner tauchte bisher die Wahrheit über sein Privatleben auf. Für Rudolf Schröck ergibt sich aus all dem eine neue Sicht auf den Mythos: "Der eindimensionale Nationalheld war er nicht. Er war nicht der Wanderer, sondern der Flieger zwischen zwei Welten, zwischen mindestens vier Familien. In gewisser Weise ein patriotischer Anarchist, der das gemacht hat, was er für richtig hielt. Und der auf seine alten Tage, da er sehr stark zur Ökologie und zum Umweltschutz konvertiert ist, eine völlig andere Auffassung von Industriegesellschaft, Technik, Fliegerei hatte. Das ist neu, und das hat er auch gelebt. In gewisser Weise war er ein Wilder."

 

 

 

STUTTGARTER

ZEITUNG

   

 

Frauenheld
Charles Lindberghs Doppelleben
 

Rudolf Schröck: Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh Heyne Verlag, München 368 S., Euro 19,90 ISBN 3-453-12010-8

Von Ralf E. Krüger, dpa

 

München - Charles Lindberghs letzte Botschaft an seine deutsche Geliebte Brigitte Hesshaimer kurz seinem Tod mahnte: "Hold the utmost secrecy!" - Absolute Geheimhaltung! Jahrzehntelang war dieser Satz Programm für den gefeierten Nationalhelden der USA, dessen Doppelleben erst 2003 die Offenbarung der drei Hesshaimer-Kinder in Ansätzen aufgedeckt hatte. Eine DNA-Analyse hatte damals belegt, dass sie leibliche Kinder des US-Fliegerhelden sind. Glaubt man dem Münchner Autor Rudolf Schröck, haben sie eine weit größere Familie als bisher angenommen - die Frauen flogen offenbar nur so auf den berühmten Flieger.

"Das Doppelleben des Charles Lindbergh in Deutschland und der Schweiz führte zur Gründung von drei heimlichen Familien mit sieben unehelichen Kindern", schreibt der Journalist in seinem Buch "Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh" (Heyne), das Anfang Juni auf den Markt kommt. Grundlage dafür waren unter anderem Interviews mit den Kindern der Münchner Hutmacherin Hesshaimer, die sich alle durchweg positiv über ihren Vater äußern. Sie fungierten als Co-Autoren des Buches und gewährten Schröck Zugang zum Familienarchiv sowie zu 400 Seiten heimlicher Korrespondenz zwischen Lindbergh und ihrer Mutter.

Daraus ging laut Schröck hervor: "Lindbergh hatte neben seiner Liaison mit der Münchner Hutmacherin gleichzeitig noch zwei weitere Liebesverhältnisse - mit Brigittes Schwester Marietta und mit seiner deutschen Privatsekretärin Valeska, die altem preußischem Adel entstammte." Beide hielten sich aber bis heute hartnäckig an Lindberghs Schweigegebot - so wie es auch die 2001 gestorbene Brigitte Hesshaimer zu Lebzeiten getan hatte. Die Affären blieben nicht ohne Folgen: Außer den drei Kindern mit Brigitte hatte Lindbergh laut Schröck je zwei weitere mit deren Schwester Marietta in der Schweiz und mit Valeska.

Eine Beziehung zu viert sei es gewesen, über deren genaue Details nur Lindbergh Bescheid wusste: "Er war der Mann zwischen drei Geliebten - und einer Ehefrau". Lindbergh (1902-1974), der 1927 als erster Mensch im Alleinflug den Atlantik überquert hatte, war in seiner Heimat mit der Schriftstellerin Anne Morrow verheiratet. Beide galten als Traumpaar und hatten gemeinsam sechs Kinder, von denen eines im Babyalter entführt und getötet worden war.

Mitte der 50er Jahre war die Musterehe aber nur noch "eine offiziöse Vorzeigeveranstaltung, in Deutschland wollte Lindbergh jetzt sein Alter Ego aufbauen und durchsetzen", heißt es in dem Buch. Die drei Frauen und Lindbergh hätten zeitweise sogar gemeinsam in dessen Wohnung in Rom gewohnt. Die habe der zur Legende verklärte Flieger in seiner Eigenschaft als Berater von US-Präsident Dwight D. Eisenhower "als europäische Operationsbasis" angemietet.

Lindberghs nachrichtendienstliche Arbeit begünstigte sein Doppelleben. Seiner Geliebten habe er gestanden, in streng vertraulichen "militärischen Missionen" unterwegs zu sein. Schröck fand heraus, dass Lindbergh drei Tage nach Ende des Zweiten Weltkriegs bereits im Geheimauftrag von US-Regierung und -Militär nach Deutschland unterwegs war. Dort erforschte er den Entwicklungsstand der deutschen Luftfahrt- und Raketenforschung und spürte deutsche Spitzentechniker auf.

Nach der Rückkehr war er an geheimen Waffenentwicklungsprogrammen beteiligt, lotete rund um die Welt US-Bomber-Stützpunkte aus, war an der US-Luftbrücke für das eingeschlossene Berlin beteiligt und beriet die Fluggesellschaft Pan Am. Schröck: "Eine bessere Tarnung gab es in der Tat nicht: Er kam nach London, Paris, Istanbul, Teheran oder Tokio als Repräsentant und Direktor von Pan Am, aber er kam immer auch als Consultant des amerikanischen Militärs und der US-Regierung. Er war kein Agent, aber er führte das Leben eines Agenten."

Lindbergh, der nach seinem historischen Soloflug über den Atlantik zum Medienstar wider Willen geworden war, hatte spätestens nach der Entführung seines Sohnes sowie einer Hetzkampagne gegen ihn ein gespaltenes Verhältnis zur Presse. Seit Mitte der 40er Jahre mied er konsequent die Öffentlichkeit. Schröck: "Lindbergh war zum perfekten Schattenmann geworden: Weltweit präsent, aber unsichtbar. Seine Konditionen bei US-Regierung, Air Force und Pan Am waren identisch: Er konnte zu jeder Tages- und Nachtzeit jedes amerikanische Flugzeug besteigen und zu jedem Punkt der Erde fliegen - in der ersten Klasse und immer ohne Bezahlung", schreibt der Autor, der zuvor mit Biografien über Willy Brandt und Franz-Josef Strauß bekannt wurde.

 

Hamburger   Abenblatt

 

erschienen am 28. Mai 2005 in Aus aller Welt

Das unglaubliche Doppelleben der Fliegerlegende Lindbergh
Charles Lindberghs letzte Botschaft an seine deutsche Geliebte Brigitte Hesshaimer kurz vor seinem Tod mahnte: "Absolute Geheimhaltung!"

München - Jahrzehntelang war dieser Satz Programm für den gefeierten Nationalhelden der USA, dessen Doppelleben erst 2003 aufflog. Eine DNA-Analyse hatte damals belegt, daß die drei Hesshaimer-Kinder von dem Fliegeridol sind. Glaubt man dem Münchner Jounalisten Rudolf Schröck, haben sie eine weit größere Familie als bisher angenommen.

"Das Doppelleben des Charles Lindbergh (1902-1974) in Deutschland und der Schweiz führte zur Gründung von drei heimlichen Familien mit sieben unehelichen Kindern", schreibt der Autor in seinem Buch "Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh" (Heyne), das Anfang Juni auf den Markt kommt. Grundlage dafür waren u. a. Interviews mit den Kindern der Münchner Hutmacherin Hesshaimer, die sich alle durchweg positiv über ihren Vater äußerten. Sie fungierten als Co-Autoren des Buches und gewährten Schröck Zugang zum Familienarchiv sowie zu 400 Seiten heimlicher Korrespondenz zwischen Lindbergh und ihrer Mutter. Laut Schröck ging daraus folgendes hervor: "Lindbergh hatte neben seiner Liaison mit der Münchnerin gleichzeitig noch zwei weitere Liebesverhältnisse - mit Brigittes Schwester Marietta und mit seiner deutschen Privatsekretärin Valeska, die altem preußischem Adel entstammte." Beide würden sich aber bis heute hartnäckig an Lindberghs Schweigegebot halten - so wie es auch die 2001 gestorbene Brigitte Hesshaimer zu Lebzeiten getan hatte. Die Affären blieben nicht ohne Folgen: Außer den drei Kindern mit Brigitte hatte Lindbergh laut Schröck je zwei weitere mit deren Schwester Marietta in der Schweiz und mit Valeska. Eine Beziehung zu viert sei es gewesen, über deren Details nur Lindbergh Bescheid wußte: "Er war der Mann zwischen drei Geliebten - und einer Ehefrau."

Lindbergh, der 1927 als erster Mensch im Alleinflug den Atlantik überquert hatte, war in seiner Heimat mit der Schriftstellerin Anne Morrow verheiratet. Beide galten als Traumpaar und hatten gemeinsam sechs Kinder, von denen eines im Babyalter entführt und getötet wurde. Mitte der 50er Jahre war die Musterehe aber nur noch "eine offiziöse Vorzeigeveranstaltung. In Deutschland wollte Lindbergh jetzt sein Alter Ego aufbauen und durchsetzen", heißt es in dem Buch. Die drei Frauen und Lindbergh hätten zeitweise sogar gemeinsam in dessen Wohnung in Rom gewohnt. Die habe der zur Legende verklärte Flieger in seiner Eigenschaft als Berater von US-Präsident Eisenhower "als europäische Operationsbasis" angemietet. "Er konnte zu jeder Zeit jedes amerikanische Flugzeug besteigen und zu jedem Punkt der Erde fliegen", so Schröck. dpa